🌴 Telearbeit unter Palmen

Posted by moritz on Tuesday, December 8, 2015

Wir bei Uberspace haben - wie ihr vielleicht wisst - kein festes gemeinsames Büro (Die Firmenanschrift in Mainz ist lediglich Jonas’ Anschrift, bei der wir uns zwar alle ab und zu einfinden, dann aber nicht direkt bei ihm einziehen), sondern arbeiten an ganz unterschiedlichen Orten: Von Zuhause, wo das Fahrrad uns hinträgt, im Coworking Space, auf dem Sofa, im Café, im Garten, kurz gesagt: Wo wir eben wollen und wo es Internet gibt. Nachdem ich letztes Jahr bereits einen Monat mit meinem Rucksack durch Thailand geschlendert bin, habe ich dieses Jahr das Experiment gewagt, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, aus einem Monat Aufenthalt zwei Monate zu machen und zwischendurch auch mal zu arbeiten.

Hier mal ein paar Gedankengänge und Erfahrungen, die ich in den 1½ Monaten, die ich bereits im Land bin, gesammelt habe. Das wichtigste natürlich zuerst: Das Internet

Oder besser gesagt: Die Anbindung ans Internet. Man sollte meinen, dass die Infrastruktur in Thailand der in Deutschland unterlegen ist. Aber weit gefehlt! Glasfasern, wohin man schaut, LTE fast überall (selbst auf dem Land und in Zügen!), funktionierendes 3G. Seit dem ich in Thailand bin, habe ich nicht ein einziges Mal EDGE oder gar 2G auf meinem Handydisplay gesehen. Hier können sich so manche alle Deutschen Provider eine Scheibe abschneiden. Preislich liegen 12gb ohne jegliche Geschwindigkeitsbegrenzung bei 799 Bath (das sind knapp 20€). Spannend hier ist die Drosselung auf 384 kbit/s nach Verbrauch des Inklusivvolumens. Natürlich habe ich die 12gb geknackt, aber erst nach 13gb überhaupt gemerkt, dass ich überhaupt gedrosselt wurde.

Das jegliche Fehlen von Netzneutralität hat spannende Auswüchse.

Spannend auch die Pakete, die über die App des Netzbetreibers buchbar sind. Hier hält man nicht viel von Netzneutralität, ähnliche Auswüchse werden wir dann realistischerweise auch bald in Deutschland beobachten können.

WLAN macht keinen Spaß.

So gut das LTE ist, so schlecht ist das WLAN an den meisten Orten. Und wenn wir mal ehrlich sind, reichen 12gb nicht wirklich für den tagtäglichen Gebrauch aus; vor allem, wenn man einen Haufen RPMs durch die Gegend schiebt und mit VMs arbeitet (Uberspace 7 anyone?), ab und zu ist man dann also doch mal auf das WLAN angewiesen - und das lässt einen meistens im Stich.

Wäre ich länger als ein paar Tage an einem Ort, würde ich mir wohl einen Coworking Space suchen und das Problem hätte sich erledigt. Aber dann hätte ich auch gleich zuhause bleiben können, schließlich bin ich nach Thailand geflogen, um zu reisen. Und mit genug Geduld und Spucke (und Wechsel des Cafés bis es ordentliche Bits gibt) hat bisher alles immer geklappt. Irgendwann.


Die Zeitverschiebung

Nicht nur der Ort unseres Schaffens bleibt uns überlassen, sondern auch die Zeit, die wir in unsere tägliche Arbeit investieren. Das beinhaltet natürlich auch, wann wir anfangen zu arbeiten und wann wir die Segel streichen. Grundsätzlich bin ich - im Gegensatz zu den meisten meiner Kollegen - eher ein Frühaufsteher und fange meist zwischen 8 und 9 Uhr an und höre dementsprechend am Nachmittag auch wieder auf. In Deutschland ist das kein Problem, morgens sind wir meistens zu zweit oder dritt unterwegs und kümmern uns um alles, was so anfällt. Wir haben jeden Tag um 15 Uhr ein kurzes Standup-Meeting, denn 15 Uhr ist so früh oder eben spät, dass es in die meisten unserer Tagesabläufe passt. Irgendwann zwischen Mittag und frühem Nachmittag überschneiden wir uns dann irgendwie meist alle in unserer Anwesenheit und sind gleichzeitig online. So weit, so gut, so normal.

Nun habe ich hier eine Zeitverschiebung von -6 Stunden und fange trotzdem lieber früh als spät an, was darin resultiert, dass ich hier zwischen 2 Uhr und 3 Uhr morgens deutscher Zeit manchmal schon Kundenanfragen beantworte (falls sich jemand in letzter Zeit darüber gewundert haben sollte: Hier ist des Rätsels Lösung). Das heißt aber auch, dass ich den Großteil meiner Arbeitszeit alleine im Slack unterwegs bin und leider nicht so viel Kontakt zu meinen Kollegen habe, wie ich mir das vielleicht wünschen würde oder wie ich es gewohnt bin. Das Standup verschiebt sich für mich auf 21 Uhr, eine Uhrzeit, zu der ich meistens unterwegs bin und schon lange nicht mehr arbeite. Ich mache bereits Feierabend, wenn die meisten meiner Kollegen gerade frühstücken. Das sind alles keine ernsthaften Probleme, war mir aber nicht so präsent. Auf Dauer würde ich wohl meinen Rhythmus anpassen, denn ein bisschen Kontakt untereinander ist schon nett, vor allem, da wir eh über ganz Deutschland (oder jetzt eben über die ganze Welt) verteilt sind und der interne Chat meistens unsere einzige Schnittstelle in der täglichen Routine darstellt.


Die Routine

Menschen sind bekanntermaßen Gewohnheitstiere und orientieren sich gerne an Routinen. Manche kommen besser ohne feste Tagesabläufe zurecht, andere schlechter. Würde ich eine Umfrage unter meinen Kollegen starten, bekäme ich vermutlich 8 grundunterschiedliche Antworten. Mir persönlich geht es besser, wenn ich weiss, dass ich zum Zeitpunkt X anfange zu arbeiten, irgendwann eine Pause mache und dann dementsprechend zum Zeitpunkt Y Feierabend machen kann. Das klappt aber nicht so gut, wenn man keinen festen Schreibtisch hat, in einer Bambushütte in einer nicht sonderlich ruhigen Ecke des Landes untergekommen ist und sich unter eine Horde Backpacker gemischt hat. Das ist alles schön und gut und sehr empfehlenswert aber eben schlecht für die Effektivität. Meine Erfahrung hat mir gezeigt: Wenn wirklich sicherheitsrelevante Änderungen auf dem Plan stehen, brauche ich persönlich immer etwas mehr Ruhe und Abstand zur Zivilisation (was dank LTE kein Problem ist).

Es müssen nicht immer 5 Sterne sein.


Gute Idee?

Ich kann jedem, der (trotz|wegen|für) Arbeit die Möglichkeit zu Reisen hat, nur ans Herz legen, davon Gebrauch zu machen - vor allem, wenn man sein eigener Chef ist oder ein so freies Arbeitszeitmodel hat, dass es sich so anfühlt. Natürlich gehört eine gewisse Portion Selbstdisziplin dazu (und ich bin mir sicher, dass ich produktiver wäre, wenn ich in meinen eigenen vier Wänden arbeiten würde) und man muss Abstriche machen. Das, was man dafür bekommt, fühlt sich dann aber meistens wie Urlaub an und lässt sich ganz einfach in Zufriedenheit umrechnen. Und ich bin froh, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, der die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter vor deren Effektivität setzt.

Gute Idee, gerne wieder (vermutlich nächstes Jahr).