Die Verantwortung der freien Preiswahl

Posted by jonas, moritz on Monday, June 25, 2018

Der Anlass

Wir haben vor einger Zeit begonnen, User, die weit unter unserer Preisempfehlung von 5€ / Monat bezahlen, darauf hinzuweisen, dass wir uns etwas mehr wünschen. Hier ein Auszug aus der Mail:

Du hast derzeit einen Wunschpreis von 1,00 € eingestellt, der deutlich unter unserem Preisvorschlag von 5,00 € monatlich liegt. Wir möchten dich daran erinnern, dass du unseren Dienst nur zu diesem Preis in Anspruch nehmen kannst, weil andere User freiwillig einen höheren als den vorgeschlagenen Preis bezahlen und dir den Account so querfinanzieren. Wir erhoffen uns davon, dass diejenigen, die es sich leisten können, andere User, die sich das nicht leisten können, mit tragen.

Damit es unser Hosting-Angebot langfristig existieren kann, sind wir darauf angewiesen, dass kein allzu großes Ungleichgewicht zwischen Usern, die mehr zahlen, und Usern, die weniger zahlen, entsteht. Mit einem Preis von 5 Euro monatlich kannst du dazu beitragen, dass wir dir unser Hosting-Produkt weiterhin tragfähig anbieten können.

Wir haben daraufhin einige Rückläufer im Support bekommen und möchten an dieser Stelle auf die Nachfragen eingehen.

Die Argumente

Ich generiere keinen Support, brauche kaum Platz und meine Seite ist ganz klein

Das ist eine Milchbüchleinrechnung: Automatisierungsgrad, geringe Kundenmasse, und Features wie Ausfallsicherheit kosten Geld. Außerdem bezahlen wir unsere Mitarbeiter und Zulieferer gut und investieren in die Qualität des Supportes und den Fortbestand unseres Unternehmens. Speicher, Traffic und Serverlast sind die kleinsten Posten auf unseren monatlichen Rechnungen. Hinzu kommt, dass wir all dieses ja eben auch vorhalten müssen für den Fall der Fälle. Ein Kunde, der Support generiert kostet uns genau so viel wie ein Kunde, der keinen Support generiert. Außerdem extrahieren wir aus dem Support auch Dinge wie unsere Dokumentation und unsere Skripte und damit Aufgaben für die Entwicklung.

Gitlab commit graph

Support ist nur ein kleiner - wenn auch wichtiger Teil - unserer Auf- und Ausgaben.

Ein Großteil der Kosten, die wir haben, sind Fixkosten, die überhaupt nicht daran hängen, ob User ihren Account intensiv benutzen oder nicht. Im Rechenzentrum sind beispielsweise die Kosten für Strom und Klimatisierung weitaus höher als die Kosten für Datentransfer - und diese Kosten fallen einfach dafür an, dass ein Server eingeschaltet wird. Ob du darauf nun rechenintensive Anwendungen laufen lässt oder nicht: Natürlich wirkt sich das in der Leistungsaufnahme aus, allerdings nur in einem so kleinen Umfang, dass wir da über einstellige Centbeträge reden würden. Klar, mehr User bedeuten mehr Server, was mehr Rackmiete, mehr Hardwarekosten und mehr Kosten für Strom und Klimatisierung bedeutet, aber wenn wir die ganzen Kosten, die im Einkauf anfallen, pro User umlegen, wird daraus zwar ein greifbarer Wert, aber der hängt so gut wie gar nicht an der konkreten Nutzungsintensität.

Anbieter X kostet nur (1/2/3/4/5)€ und bietet sogar root-Rechte!

Einerseits: Man bekommt immer das, was man bereit ist zu bezahlen. Unserer persönlichen Erfahrung nach haben solche Angebote auch entsprechende Hardware und damit verbundene Downtimes und alles was dazu gehört: “Oh, da war eine Platte kaputt. Oh, da hat ein RAM-Riegel gesponnen. Wir haben das Gerät repariert. Sorry für vier Stunden Downtime. Sorry für den Datenverlust. Spielen Sie bitte ihr letztes Backup selbst ein.” Das passiert bei uns nicht: Eine Live-Spiegelung aller Daten und die Vorhaltung von Hardware für Live-Migrationen kosten aber eben Geld.

Andererseits ist z.B. ein VPS ein völlig anderes Produkt, welches nicht mit dem vergleichbar ist, was wir anbieten. Eine VPS kommt typischerweise auch mit root-Rechten und der damit einhergehenden Verantwortung, sich um Dinge wie Updates, Backups und Monitoring eigenständig kümmern zu müssen - einen gemanageten VPS mit diesem Service wirst du für einen Fünfer eher nicht bekommen - eben jener Service verursacht auch Kosten, und das in größerem Umfang als die nackten Systemressourcen.

Entwicklung

Ein weiterer Faktor sind unsere Entwicklungskosten.

Neue Homepage

Bei uns arbeiten zwei Entwickler, die Uberspace voran bringen, neue Features umsetzen und Bugs ausbügeln. Wir haben mit Uberspace 7 ein komplett neues Produkt geschaffen, bei dem wir kaum Software “von der Stange” benutzen, sondern alles handgeklöppelt auf die Bedürfnisse unserer User anpassen. Und hier haben wir noch einiges vor in der Zukunft!

Neues Dashboard

Unser Produkt an sich ist technisch skalierbar - wenn unsere Entwickler ein Feature entwickeln, dauert das Zeitraum X, egal ob das am Ende tausend oder hunderttausend User verwenden. Haben wir mehr Entwickler, kann unser Produkt zügiger wachsen und von Usern gewünschte Features bekommen. Fehlen uns jene Entwickler, wird das Produkt für alle weniger attraktiv. Mehr zu bezahlen ermöglicht uns - wenn ausreichend viele User das tun - mehr Entwickler zu beschäftigen, und das dient dem Produkt. Es ermöglicht uns auch, Entwickler besser zu bezahlen und so ein attraktiverer Arbeitgeber zu werden, auch wenn Geld hier natürlich nur einen Teil der Attraktivität ausmacht - aber eine gute und attraktive Firmenkultur soll ja in finanzieller Hinsicht nicht durch Ausbeutung begleitet werden.

Bereitschaft

Wenn ein Server ausfällt, muss jemand handeln, denn “Wenn am Wochenende mal irgendwas down geht und tausend User offline sind, dann… merken wir das ja am Montag morgen” wollen wir uns nicht erlauben. Es braucht 24/7-Technikbereitschaft. Um die realisieren zu können, braucht es mindestens 5 Personen, besser 6, um einen verantwortungsvollen Schichtplan erstellen zu können, der auch bei Urlaub und Krankheit funktioniert und bei dem niemand überlastet wird. Das generiert einen Haufen Personalkosten, die einfach anfallen, völlig egal was du mit deinem Uberspace machst.

Beispielhafte Incidents

In diese Kategorie fallen übrigens auch SPAM-Vorfälle, die durch die feindliche Übernahme von Accounts verursacht werden, wie man auf dem beispielhaften Screenshot erkennen kann. An dieser Stelle also ein Hinweis auf Updates, Updates, Updates und sichere Passwörter.

Andere laufende Kosten

Wir hatten in der Vergangenheit mehrfach mit DDoS-Attacken zu kämpfen. Sowas ist extrem ärgerlich, weil das einfacher Straßenkampf ist, der von demjenigen gewonnen wird, der mehr Bandbreite aufbringen kann - und das sind in der Regel eben die Angreifer. Und die können das für kleinstes Geld im Zweifel tage- und wochenlang machen, bis wir nicht nur kurz netztechnisch, sondern irgendwann auch finanziell endgültig am Ende wären, weil uns scharenweise die User wegliefen, die - bei allem Verständnis für DDoS-Situationen - halt gerne möchten, dass ihre Website funktioniert. Wir brauchen also DDoS-Protection von Anbietern, die das stemmen können, und das kostet uns jeden Monat eine vierstellige Summe. Das “muss aber sein”, weil wir unseren Usern halt gerne verlässliche Erreichbarkeit bieten können wollen. Und, einmal mehr: Diese Kosten hängen kein einziges bisschen davon ab, wie intensiv du deinen Uberspace nutzt.

Fazit

Die Preiswahl hängt nicht einfach an variablen Kosten, auf die ein User großen Einfluss hätte. Sie ist vor allem Ausdruck des Vertrauens, dass wir das Geld, das uns unsere User überlassen, nicht für irgendwelchen Quatsch zum Fenster rauswerfen, sondern in ein möglichst gutes Produkt übersetzen. Wir versuchen seit dem ersten Tag, uns dieses Vertrauen mit Produkt, Support und Kommunikation zu verdienen.