LL#10 – Liebes Logbuch…

Posted by jonas on Friday, June 2, 2023

Nästa: Malmö - und von dort mit dem Öresundståg weiter nach Kopenhagen, der letzten Etappe für heute. Und damit Zeit für die Notizen vom 2. Juni, ihr merkt, das Aufholen läuft! :)

Es mag sich vielleicht noch ein bisschen unwirklich anfühlen, aber so langsam gehen postpandemisch auch die Teilnahmen an Konferenzen wieder los, die uns offen gesagt über so lange Zeit wirklich gefehlt haben. Es geht am Ende doch nichts darüber, anderen Menschen persönlich zu begegnen, und die vielen Begegnungen, die eher am Rand einer Konferenz auf irgendwelchen Fluren oder an irgendwelchen Kaffeeständen stattfinden, weiß vermutlich jeder Mensch zu schätzen, der schon auf solchen Konferenzen war. Jedenfalls hat jemand aus unserem Team endlich mal wieder an einer DjangoCon teilnehmen können, die dieses Jahr in Edinburgh stattfand - was hilfreich ist, weil wir intern so Einiges mit Django machen und auch unsere jüngste Stellenausschreibung darauf ausgerichtet hatten. Die Saison ist damit eröffnet und findet auf der Gulaschprogrammiernacht in wenigen Tagen ihre Fortsetzung, wo ihr auch jemanden aus unserem Team antreffen könnt.

Der Wunsch, Logs von verschiedenen Hosts zentral einzusammen, um sie besser auswerten zu können, besteht in unserem Betrieb schon seit… ich weiß nicht, gefühlt schon immer irgendwie. Aber nun geht es endlich große Schritte voran: Es läuft nun schon eine Weile eine Instanz von Grafana Loki bei uns, und inzwischen loggt so ziemlich jeder Teil unserer Infrastruktur dorthin - auch die Logs unserer U7-Hosts dorthin fließen zu lassen, steht nochmal auf einem anderen Blatt; erstmal ist das Loki eine reine Ops-Geschichte. Aber so sammeln wir damit viele Erfahrungen. Typischerweise ist Promtail die Komponente, die Logeinträge an Loki schickt - aber es gibt auch Geräte wie Router und Switche, auf denen halt nur ein sehr beschränktes System läuft, das dazu nicht in der Lage ist. Aber auch hier konnte eine gute Lösung gefunden werden: Wir betreiben an allen unseren Standorten auch kleine Out-of-band-Hosts, die jeweils über einen komplett separierten Uplink durch das Rechenzentrum versorgt werden, als Sicherheitsnetz für so richtig üble Netzwerkprobleme. Hier betreiben wir nun einen rsyslogd-Service, der sich die traditionelle Remote-Logging-Funktionalität der Router und Switche zunutze macht, deren Logs über’s lokale Netz entgegennimmt und dann via Promtail ebenfalls Loki zuführt. So haben wir nun alles unter einem Dach, und die Möglichkeit, an zentraler Stelle - und nebenbei sehr performant - eine gute Übersicht über Logeinträge zu bekommen, ist wirklich praktisch.

Außerdem haben wir aufgeräumt, und zwar diesmal nicht nur bei virtuellen Altlasten, sondern im ganz handfesten Sinn: Auf der einen Seite versuchen wir, alles, was wir an Hardware anschaffen, so nachhaltig wie möglich zu betreiben, also durchaus im Lauf ihrer Lebenszeit auch mal Komponenten auszuwechseln, damit sie weiterhin guten Nutzen haben können - vom Klassiker “Festplatten durch SSDs ersetzen” bis hin zu “Mainboard upgraden”. Immerhin braucht nicht jedes einzelne Gerät superviel CPU und superviel RAM und superviel Plattenplatz und superschnelle Disks; je nach Einsatzzweck reichen auch ein oder zwei dieser Aspekte - so taugen Server, die wir für den produktiven VM-Betrieb ausgemustert haben, durchaus z.B. noch als Backuphosts, wenn halt einmal ihr Plattensystem ausgetauscht wird durch eins, das den Anforderungen für Backups besser genügt. Aber bei allem Recycling: Es gibt Dinge, die sind irgendwann einfach zu alt. Vielleicht sind sie auch zu kaputt, oder sie haben Firmware, für die es keine Updates mehr gibt, oder ihr Stromverbrauch steht nach heutigen Standards in keinem Verhältnis mehr zu der Leistung, die sie bringen. Und so haben wir Dinge, die sich im Lauf vieler vieler Jahre angesammelt haben und die wir als nicht mehr im ursprünglichen Sinn für recyclebar halten, nun final dem Wertstoffrecycling zugeführt: Server, diverse Netzwerkgeräte, Stromleisten, Kabel, random Steckkarten, alte Schienen. Jetzt warten nur noch hunderte Festplatten auf ihre Entsorgung, aber da haben wir schon einen Plan.

Was noch? Okay, das ist nun zwar nicht produktbezogen, aber vielleicht ist es dennoch spannend, aus einem ganz anderen Kontext ein paar Learnings zu teilen. Wer nicht unter einem Stein lebt, hat wohl mitbekommen, dass es nun das Deutschlandticket gibt, und dass es als Jobticket auch vom Arbeitgeber steuer- und sozialabgabenfrei unterstützt oder auch komplett übernommen werden kann. Also: Wie wird man denn bitte zum Arbeitgeber, der Jobtickets herausgibt? Der erste Weg führte uns zur Mainzer Mobilität, meinem lokalen Verkehrsanbieter. Der war schnell beendet, denn deren Informationsseite zu Jobtickets gab direkt an, dass man nur Unternehmen mit 100+ Angestellten bediene - tja. Wenn nicht lokal, dann vielleicht bundesweit: Der nächste Anlauf führte dann zur Deutschen Bahn; immerhin sind wir bereits bahn.business-Kunde für unsere Bahncards und Bahntickets (wir haben schnell gelernt - das sind zwei vollkommen unterschiedliche Geschäftsbereiche, die absolut gar nichts miteinander zu tun haben). Zu jenem Zeitpunkt war alles, was die DB zum Thema Deutschlandticket als Jobticket auf ihrer Website zu bieten hatte… ein PDF mit einer Präsentation zum Thema, das damit endete, dass wer Jobticket-Anbieter werden wolle, sich formlos per E-Mail an eine spezielle Abo-Adresse der DB wenden müsse. Das haben wir getan, Anfang April. Es hat auch nur drei Wochen gedauert, bis wir dann eine Antwort erhalten haben, die erstmal ihr Bedauern zum Ausdruck brachte, dass ein Start zum 1. Mai wohl nicht mehr möglich sein würde (ach was!). Angehängt war ein Formular, das man bitte ausfüllen möge. Als .docx-Datei, herrje. Haben wir zähneknirschend ausgefüllt - und dann wiederum Wochen gewartet. In der Zwischenzeit hat die DB immerhin dieses Formular dann auch mal online zum Download bereitgestellt, damit man die erste Papiersimulationsschleife der “Bestellung” des Formulars ausmerzen konnte. Noch einige Zeit später war dann plötzlich das Formular auch als Online-Formular verfügbar - da waren wir dann aber auch schon tief im Mai, und weiterhin ohne Antwort. Schließlich kam dann irgendwann das Formular mit den Vertragsunterlagen als PDF zurück. Und was soll ich sagen… alles sehr unbefriedigend. Insbesondere möchte die Bahn gerne unbedingt “das Kostenrisiko übernehmen”, sprich, die Abrechnung mit den einzelnen Jobticket-Nutzerinnen und -Nutzern selbst vornehmen. Das ist auf der einen Seite ziemlich dämlich, weil es den Aufwand für alle erhöht, die Leute in Vorleistung gehen müssen und ich dann über die Lohnabrechnung privat vorgestrecktes Geld erstatten muss; auf der anderen Seite: Ich hatte auf dem Formular explizit die andere Option gewählt (dass ich als Arbeitgeber die Kosten trage), aber die Bahn will das nicht und irgendwie ist es schräg, mir das dann als Vorteil zu verkaufen. Ach ja: Die Bahn möchte dann auch gerne noch ein Serviceentgelt “in Höhe von EUR” berechnen - ja, richtig, man hat den Betrag im Vertrag vergessen einzutragen (nachgefragt, es sind 4€ pro Person und Jahr). An dieser Stelle war ich an dem Punkt, anzusagen, dass sich bitte einfach alle die wollen auf eigene Faust ein Deutschlandticket holen und dann 49€ über die Lohnabrechnung erstattet bekommen - die 5% Ersparnis, die ich als Arbeitgeber bekäme, schienen den Aufwand nicht wert zu sein. Nur: Das hätte dann zur Folge, dass jede Person jeden Monat eine Rechnung für das Deutschlandticket einreichen müsste - ansonsten könnte ich den Betrag nicht steuer- und abgabenfrei auszahlen (es könnte ja hypothetisch sein, jemand behauptet das nur, steckt 49€ ein und kauft sich kein Deutschlandticket davon - vermutlich muss man selbst in einer Lohnbuchhaltung arbeiten, um auf solche Gedanken zu kommen). Glücklicherweise haben wir dann aus Verzweiflung doch nochmal bei der Mainzer Mobilität nachgefragt, und siehe da: Die Mindestzahl von 100 Angestellten - die gibt es gar nicht mehr, man hatte nur versäumt die Website zu aktualisieren. Und dann ging es plötzlich angenehm fluppig: Mail-Antworten kommen binnen eines Tages, und ich wurde zusammen mit ein paar anderen direkt zu einer Videopräsentation mit Platz zur Klärung offener Fragen am nächsten Tag eingeladen. Man kann hier wählen zwischen einer schicken webbasierten Plattform, mit der Handytickets generiert werden können, oder einer chipkartenbasierten Lösung, wobei man entweder mit einem Monat Vorlauf eine Excel-Liste (jaaaaaaa… willkommen in Deutschland) mit Bestellungen hinschicken muss und der RMV als übergeordneter Verkehrsverbund generiert und verschickt dann die Chipkarten, oder man kann sich für 50€ sogar ein Gerät kaufen, mit dem man dann selbst Blanko-Chipkarten des “eTicket RheinMain” als Deutschlandtickets bespielen kann - braucht aber dann natürlich eine Windows-Software (jaaaaaaa… irgendwas ist ja immer). In allen Modellen gibt’s eine monatliche Abrechnung direkt mit mir als Arbeitgeber, die Angestellten kriegen im Fall der Chipkarte selbige frei Haus, und die Lohnbuchhaltung freut sich über eine monatliche Sammelliste mit einer vom Verkehrsverbund bezeugten Aufstellung aller Ticketbezieher. Es gibt die versprochenen 5% Rabatt, und, ach ja: Es kostet nicht mal eine Servicegebühr. Und zumindest plant der RMV, dass man das chipkartenbasierte Ticket irgendwann auch zusätzlich als QR-Code ins Handy bekommen kann. Schauen wir mal. Wenn also noch irgendjemand seinen Angestellten ein Deutschlandticket als Jobticket ermöglichen möchte, dann empfehle ich das Angebot der Mainzer Mobilität gern weiter.

Soviel für heute! Kopenhagen grüßt, und zum Feierabend gibt’s jetzt erstmal eine leckere kanelsnegl. Bis in Bälde!

J.