Kollie fürs Kollegium

Posted by jonas on Wednesday, February 21, 2024

Buchhaltung ist in vielen Unternehmen traditionell eine der am meisten abgegrenzten Abteilungen, wenig integriert mit dem restlichen Team, oft fehlt es an wechselseitigem Verständnis für die jeweiligen Herausforderungen. Wir wollten das bei uns erquicklicher gestalten, und das bedeutet für uns unter anderem, eine gemeinsame technische Basis zu nutzen.

Bei uns kümmern sich Nati und ich gemeinsam um die vorbereitende Buchhaltung, die dann monatlich an unseren Steuerberater geht. Ein großer Teil dieser Tätigkeit ist es, Belege vom Rest des Teams zu verarbeiten. Wir leisten uns keine dedizierte Einkaufsabteilung, sondern alle im Team haben große Freiheiten, eigenständig Dinge zu kaufen, die sie für ihre Arbeit brauchen - ob das nun Hardware ist, Büroausstattung, oder auch Tickets für eine Konferenz, damit verbunden auch Zugreisen und wo nötig Hotelübernachtungen.

Prozessverbesserung

Vor einigen Jahren haben wir bei uns ein eigenes Tool namens “Kollie” entwickelt, um genau die Prozesse zu verbessern, die an der Schnittstelle zwischen Buchhaltung und restlichem Team liegen: Reisekostenabrechnungen und Belegeinreichungen. Und hier kommt dann eben jene gemeinsame technische Basis zum Tragen: Für die Entwicklung von eigentlich allem setzen wir bei uns eine selbst gehostete GitLab-Instanz ein, und die steht eben nicht nur denen offen, die bei uns aktiv entwickeln, sondern wirklich allen. Auch Anforderungen unseres Buchhaltungsteams werden insofern direkt als GitLab-Issues angelegt, damit sie in unseren gewohnten Abläufen landen. Auch wenn Nati und ich nicht aktiv an der Softwarebasis von Kollie coden, so eröffnet es eben doch die Möglichkeit, sich immer grundsätzlich so weit zu involvieren, wie man es sich zutraut: Für eine Anpassungen an einem Template kann man vielleicht sogar schon den Merge Request erstellen, den dann nur noch jemand abnehmen muss - Stichwort: Vier-Augen-Prinzip. Tatsächlich ist das etwas, worauf ich ziemlich stolz bin, sagen zu können: Klar, auch unsere Buchhaltung ist im GitLab unterwegs!

Besuch aus Wien!

Letzte Woche haben wir nun die Gelegenheit genutzt, uns mal etwas umfangreicher miteinander zu synchronisieren. Dazu haben Nati und ich sich mit luto und Bokan getroffen, die für eine Woche - auch aus anderen Gründen - aus Wien zu Besuch waren. Da wir ja normalerweise alle Home Office machen, haben wir uns für den gemeinsamen Tag bei ABC Workspaces in Frankfurt eingemietet, was erfreulich reibungslos lief.

Dass ein Issue im GitLab angelegt wird, hat nicht automatisch zur Folge, dass sich auch direkt jemand dem jeweiligen Anliegen annimmt. Hier hatte sich nun schon längere Zeit eine Sammlung an kleineren und größeren Wünschen ergeben und es war gut, sich dann einmal ausgiebig alle offenen Punkte gemeinsam anzuschauen. Wir haben einen guten Teil der gemeinsamen Zeit damit verbracht diese zu priorisieren, den Umsetzungsaufwand einzuschätzen und sich überhaupt darüber auszutauschen, wie die Arbeit der Buchhaltung in der Praxis aussieht und was die besonders eleganten oder aber eben vielleicht auch besonders unpraktischen Aspekte am Kollie sind. Letztlich geht es dabei nicht nur um nackte Zeitersparnis: Auch manuelle Schritte, die vielleicht jedes Mal nur zwei Minuten Arbeit machen, sich aber eben besonders nervig anfühlen, können einem die gute Laune verderben. Da kann es sinnvoll sein, auch mal mehr als eine Stunde Entwicklungsarbeit reinzustecken - selbst wenn sich das in Zeit nicht “rechnet”. Aber es sorgt für mehr Zufriedenheit im Alltag, und ein Aspekt dabei ist eben auch: Die gegenseitige Arbeit wertzuschätzen. Gerade Buchhaltung bekommt oft nur sehr wenig davon ab und das möchten wir bei uns besser machen.

Belegwirrwarr beenden

“Achte darauf, dass du eine korrekte Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer bekommst, die auf Jonas ausgestellt ist” ist das Mantra, das inzwischen wohl alle im Team verinnerlicht haben. Bleibt die Frage: Wie kommen die Belege in die Buchhaltung? Nachdem das in früherer Zeit mal per E-Mail lief, mal per Slack, mal per Post (Einkäufe in physischen Läden generieren ja auch durchaus heute noch Papierbelege…) und mal bei einem persönlichen Zusammentreffen wie einem Teamtreffen spontan per “Oh, ich hab hier noch einen Umschlag mit ein paar Belegen”, war klar: Das muss irgendwie geordneter werden.

Menschen tappen natürlich auch in alle Arten von Fallen, wie beispielsweise einen digitalen Beleg aus Unsicherheit darüber, ob man ihn schon eingereicht hat, sicherheitshalber nochmal einzureichen und damit im blödesten Fall eine doppelte Erstattung auszulösen, die dann ein Vielfaches an Mehrarbeit verursacht, um das wieder aufzudröseln. Und wenn der Beleg dann eingereicht wurde, blieb immer noch die Frage: Hat die einreichende Person den Betrag nun vorgestreckt und muss dieser erstattet werden? Wurde die Rechnung z.B. schon per Lastschrift vom Firmenkonto bezahlt und es geht nur noch darum, dass der Beleg in der Buchhaltung landet, oder muss die Rechnung noch per Überweisung (Kauf auf Rechnung) an eine dritte Partei bezahlt werden?

Kollie bringt da nun schon seit ein paar Jahren Ordnung rein, indem es als zentrale Stelle zur Einreichung fungiert, auf die Nati und ich alle verweisen können, bei der auch alle in ihrer eigenen Historie sehen können, ob sie einen Beleg schon eingereicht haben und ob die Buchhaltung diesen geprüft und bearbeitet hat. So sieht das aus:

Screenshot der Beleg-Upload-Funktion von Kollie

Aus Buchhaltungssicht hatten wir uns zunächst vor allem auf Erstattungen konzentriert, denn lange Jahre war das der Standardfall. Wer z.B. in einem Hotel übernachtet, zahlt es erstmal selbst (denn ganz ehrlich, der alternative Prozess erschreckend vieler Hotels wäre ansonsten “Faxen Sie uns eine Kostenübernahmeerklärung mitsamt Kopie der Firmenkreditkarte, Vorder- und Rückseite inklusive CVC” und das kann niemand wollen) und lässt es sich dann erstatten. Deshalb funktioniert der Prozess so, dass für alle Teammitglieder deren IBANs hinterlegt sind, und da Kollie ja weiß, wer einen Beleg einreicht, lässt sich nach Sichtung der Belege auf Korrektheit einerseits ein Sammel-PDF für die Buchhaltung generieren und andererseits eine SEPA-XML-Datei, mit der im Onlinebanking alle Erstattungen in einem Aufwasch überwiesen werden können.

Kreditkarten für jede und jeden

Nun haben inzwischen aber die meisten im Team eine eigene Firmenkreditkarte - denn PSD2 sei Dank, ist für immer mehr Zahlungen eine Bestätigung per Banking-App nötig und “Jonas, ich buche grad ein Bahnticket mit der Firmenkarte, wenn da was bei dir aufploppt, kannst du bitte bestätigen?” ist ja kein hochskalierender Prozess. Nun also, persönliche Kreditkarten für alle, die öfter eine brauchen - und das hat zur Folge, dass immer weniger Erstattungen nötig werden und die Belege des Teams verstärkt nur noch eingereicht werden, damit sie in der Buchhaltung landen. Aber es muss eben kein Geld mehr fließen, denn die Firmenkarten werden ja vom Bankkonto abgebucht.

Bei unserem Treffen in Frankfurt haben wir uns daher darauf fokussiert, diesen Aspekt zu vereinfachen, denn bisher sind jene “bereits von Firma bezahlt”-Belege Einzelfälle gewesen, die wir dann einzeln per Hand runtergeladen und ins Buchhaltungssystem wieder hochgeladen haben. Jetzt, wo das größere Stückzahlen werden, war das einfach eine richtig nervige Aufgabe geworden - es stand also an, für diesen Fall einen Massenexport von PDF-Dateien als .zip zu realisieren, direkt mit Dateinamen, die unserem Benennungsschema entsprechen.

An die Arbeit

Während Bokan mit Nati und mir konsistente Issue-Qualifizierung gemacht hat und wir überlegt haben, was in den Milestone unserer Arbeitswoche reingehört und was nicht, hat luto nebenbei schon munter am Code gearbeitet - und als wir dann finalisiert haben, was alles zum Milestone gehört, war er im Grunde auch schon fast fertig. Ein paar nachträgliche Fixes im Laufe der Woche hat er dann direkt abgeschlossen. Ja, man kann natürlich immer sagen, “nehmt doch einfach Software X, die bietet das auch alles”, aber allzu oft sind solche Systeme dann eben doch entweder zu begrenzt, oder sie können viel zu viel und fügen Komplexität hinzu, die wir an dieser Stelle nicht wollen. Und selbst wenn: Dinge selbst zu entwickeln, macht eben auch viel Spaß und wenn sie dazu führen, dass wir unser Gemeinschaftsgefühl an einem Stück Software, das genau das tut, was wir wollen, auf diese Weise stärken können, dann gehen wir diesen Weg gerne weiter.

Ein schönes Gefühl, mit dem wir dann auch den Konferenzraum verlassen konnten, um Boni und Leah zu treffen, die währenddessen an einem unserer Rechenzentrums-Standorte fleißig waren. Wenn man sich im Alltag fast immer nur per Chat und Videomeeting sieht, sind es eben auch manchmal Treffen wie diese mit einer gemeinsamen Schlemmerei mit Gyoza und Ramen, die unsere sozialen Batterien wieder auftanken.